Martin Luther

Dritter Sonntag im Advent

Matth. 11, 2-10
[fett|
In diesem Evangelium predigt und lehrt uns unser lieber Herr Jesus Christus zwei Stücke: das erste, das wir sein Wort teuer, wert und heilig halten sollen, denn es ist für uns sehr wichtig, wie wir später hören werden. Das zweite, dass er das schreckliche Laster der Undankbarkeit denen anzeigt, die solche Worte hören und die Wunderzeichen sehen und ist dennoch verachten und nicht glauben, was sehr schrecklich ist.

Das erste nun, dass die Menschen das Wort Christi, welches Ihnen gepredigt wird, fleißig hören sollen, ist dadurch angezeigt, dass Johannes, als er schon im Gefängnis lag, sofort als er hört, dass Jesus Christus anfängt Wunderwerke zu tun, seine Jünger zu ihm mit seinem Befehl sendet, dass sie ihn fragen sollten, ob er der Mann wäre, der da kommen sollte? D. h.: ob er der Christus wäre, von welchem Mose und die Propheten im Alten Testament so viel geweissagt und gepredigt hatten und später im Neuen Testament gepredigt werden sollte.

Nun, was sagt aber Christus zu solcher Botschaft? Er sagt weder Ja noch Nein, als sie ihn fragen, ob er es sei. Sondern er antwortet bloß mit den Werken und spricht: Ihr seht es, hört es und greift es mit den Händen, dass ich es bin. Denn auch wie die Jesaja und andere Propheten geweissagt haben, dass Christus die Lahmen gerade, die Blinden sehend machen werde, so seht ihr es jetzt vor euren Augen, ihr benötigt weiter keinen Unterricht noch Antwort, wenn ihr euch nur richtig dazu bereit machen wollt.

Das ist ja nun eine wunderliche, seltsame Predigt. In ihr ist alles sehr fein zusammengefasst, was man von Christus predigen soll und was sein Reich für ein Reich und was sein Wort für ein teures Wort sei. Sein Reich ist ein solches Reich, in das das, Lahme, Aussätzige, Taube, tote Leute und besonders die armen Sünder und alles, was elend, bedürftig und nichts ist, hinein gehören und da Trost und Hilfe finden.

Diese Predigt von Christus und seinem Reich sollten wir mit Fleiß merken und immer unter uns hören lassen, dass Christus ein solches Reich habe und ein solcher König sei, der den elenden, armen Menschen an Leib und Seele helfen will, was sonst unmöglich ist, denn alle Welt mit allen ihrem Vermögen kann hier nicht helfen.

Das Evangelium von Christus ist eine solche Predigt, die zu dem Sünder sagt: Mein Sohn sei getrost und fröhlich, erschrick nicht. Denn du sollst wissen, dass Christus befohlen hat, den Armen, das ist, den elenden, betrübten Herzen, Gnade an- und zuzusagen, dass er seine Reinheit, die göttlich und ewig ist, will ich bringenn und Friede mit Gottt bringen, die Sünden abwaschen und vergeben usw. Diese Gnade lässt er Dir durch sein Wort anbieten, darum zweifle nicht an dem, was du wirst. Glaubst du es nur, so wird es dir mit Sicherheit widerfahren.

So heißt nun „Evangelium“ eine gnadenreiche, selige Lehre, eine freundliche Nachricht und tröstliche Botschaft. Es ist so, als wenn ein reicher Mann zu einen armen Bettler sagte: Morgen sollst du 100.000 € haben. Das wäre ihm ein Evangelium, eine frohe Botschaft, die er gern hören und über die er von Herzen fröhlich würde. Aber was ist Geld und Gut im Vergleich zu dieser tröstlichen und gnadenreichen Predigt, dass Christus sich der Elenden annimmt und ein solcher König ist, der den armen Sündern, die unter dem Gesetz sind, zum ewigen Leben und Gerechtigkeit helfen will? Das, sagt Christus hier, ist mein Reich. Es ist ganz anders wie das Reich in dieser Welt.

Das andere Stück in diesem Evangelium ist, dass der Herr weiter sagt: „Selig ist, der nicht Ärgernis nimmt an mir“. Ja wirklich, selig! Denn an diesem König und seiner Predigt, daran sich jedermann wirklich freuen sollte, ärgert sich die ganze Welt. Wie hier in dieser Geschichte des Evangelium sind es die Pharisäer, Schriftgelehrten, Hohenpriester, Priester, Leviten und alles, was nur hoch und groß ist, Christus für einen Verführer und seine Predigt für Ketzerei halten und verdammen. Er kann Ihnen nichts wichtiges predigen, sie meinen immer, er kehre es um und mache es nicht richtig. Er kann Ihnen in keiner Weise richtig predigen, sie meinen immer, er kehrt alles um und macht es nicht richtig. Ei, sagen Sie, dass doch der Teufel den Ketzer wegführe! Denn er predigt und lehrt, unser Herrgott solle die Frommen und Gerechten in die Hölle stoßen und die Sünder in den Himmel heben. Heißt das, sagen Sie, richtig predigen, dass man die guten Werke überhaupt nicht gelten lassen will und den bösen Buben den Himmel so aufsperrt?

Aber hier steht es: „Selig ist, der nicht Ärgernis nimmt an mir“. Nun, hörst du Christus auf die rechte Weise, nimmst DU sein Wort an so kommst  DU in sein Reich, so wirst du auch erfahren, dass das Evangelium gute Werke nicht verbietet. Sondern es lehrt und ermahnt, man soll gute Werke tun, man soll sich mit Ernst darum bemühen, dass man nichts wider Gottes Wort und Gewissen vornehme. Es lässt die weltliche Obrigkeit bestehen bleiben, lässt den Henker das Schwert, Rute und anderes gebrauchen, was zur Zucht gehört. Es sagt: Die Obrigkeit, Fürsten und Herren sollen das böse strafen, man soll nicht stehlen usw. Warum ärgerst du dich denn an dem Heiligen Evangelium und lästert es, als wäre es, man solle nichts Gutes tun? Gute Werke verwirft oder verbietet das Evangelium nicht. Das aber verbietet es: wenn dieses Leben aus ist und wir in ein anderes Leben fahren sollen und kein Rat noch Hilfe dagegen ist, dass wir dann nicht auf unser Leben und gute Werke bauen und Vertrauen. Sondern wir sollen uns nach dem Herrn Christus umsehen und uns mit festem Vertrauen auf sein Werk und Verdienst verlassen, dass wir durch ihn Gnade und ewige Seligkeit in jenem Leben finden sollen.

Denn eben darum hat uns Gott einen solchen Leib mit so mancherlei Gliedmaßen gegeben, dass wir hier auf Erden nicht faul sind, sondern mit den Füßen gehen, mit den Händen zu greifen, mit dem Munde reden, mit den Augen sehen sollen usw. Darüber hinaus hat er auch sein Wort, die zehn Gebote gegeben, dass wir unsere Werke alle danach richten, nichts wider seine Ehre und unseres nächsten Nutzen tun sollen. Solches lässt das Evangelium nicht allein geschehen, sondern verlangt auch, wir sollen es fleißig tun. Wenn der Mensch aber jetzt bloß und allein ist und aus dieser Welt vor Gottes Gericht kommen soll, da heißt dich das Evangelium nach einem anderen Trost umsehen, worauf du deine Hoffnung und Herz setzen und gründen kannst.

Hast du deshalb richtig gelebt, so ist es recht und gut, danke Gott dafür, aber verlasse dich im Sterben nicht darauf, als sollte Gott dir dafür den Himmel geben. Sondern halte dich hier zu diesem König, unserem Herrn Christus Jesus. Der soll, wie der Evangelist hier berichtet hat, das Amt führen, dass er die Blinden sehen, die Namen gehen usw. macht und den Armen das Evangelium predigt, das ist, die elenden, verängstigten Herzen trösten. Denn er ist von seinem Vater nicht dazu gekommen, dass er uns um unsere Sünden willen verdammen soll, sondern dass er den armen Gewissen raten, sie aufrichten, trösten und ihnen ewig helfen soll.

Weiter ärgert sich die Welt auch deshalb an Christus, weil er so ganz arm und elend ist. Auch warum er das Kreuz trägt, und sich daran hängen lässt, ermahnt er auch seine Christen, ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihm so durch allerlei Anfechtung und Trübsal nachzufolgen. Dieser Weise ist die Welt mag die Welt aber nicht und scheut sich davor. Man sieht es: wenn wir das Evangelium bekennen um seinetwillen etwas wagen oder leiden sollen, dass viele auf einmal abfallen, wie das wurmstichige Obst im Sommer von den Bäumen.

Zum dritten ist das auch ein Ärgernis, wenn wir uns mehr an unser Herz und Gewissen kehren, daran, was wir fühlen, als an das Evangelium von Christus. Und dass ich es von mir selbst bekenne: das ist mein Ärgernis, dass ich mein Tun und Lassen mehr anficht und bekümmert, als die Gnade unseres lieben Herrn Jesus Christus nicht tröstet, die im Evangelium verkündigt wird. Dieses Ärgernis ist nicht so allgemein wie die ersten zwei; denn allein die rechten Christen werden damit angefochten. Aber es tut über die Maßen weh. Und wo es ohne des Heiligen Geistesbeistand und Hilfe bliebe, würde unser keiner in solchem Ärgernis bestehen können.

Das ist es nun, was Christus sagt: „selig ist, der nicht Ärgernis an mir nimmt“. Denn damit weissagt er zugleich, dass sich die Menschen an dieser Predigt des Evangeliums stoßen und sie verachten und verfolgen werden. Solch Ärgernis, Verachtung und Verfolgung muss man leiden. Denn es damals nichts geholfen hat, als der Herr Christus selbst gepredigt und unzählige Zeichen vollbracht hat, dass die Blinden sehend, die Tauben hörend, die Lahmen gerade, die Aussätzigen rein, die Toten lebendig geworden sind, sondern das Wort ist auch damals verachtet worden. Aber der liebe Herr Christus, hat sich darüber ans Kreuz schlagen lassen. Die Apostel sind aus dem jüdischen Lande verjagt worden und haben nirgends in der ganzen Welt um dieser Predigt willen sicher sein können: was sollte jetzt anders sein und helfen? Was wollen wir denn sehr darüber klagen? Und worüber sollten wir uns wundern, dass die Welt das heilige Evangelium und rechtschaffene Prediger zu unserer Zeit so verachtet und gewissermaßen mit den Füßen darüber hinweg läuft? Ist es doch Christus, unseren Herrn selbst und den Aposteln dort nicht anders gegangen, welche nicht allein das Wort verkündigten, sondern auch große Wunderzeichen taten, dergleichen wir nicht tun, sondern verkündigen allein das bloße ärgerliche Wort. Darum müssen wir uns daran gewöhnen und es geschehen lassen. Denn dem Evangelium geht es niemals anders.

Das ist nun das andere Stück: dass das Evangelium eine Predigt ist, die man so jämmerlich verachtet, und dass wir uns nicht garantieren sollen, dass Bürger und Bauern nach dem Evangelium nicht fragen. Es ist unseren lieben Herrn Christus Jesus selbst begegnet, dass sich sein eigenes Volk, dem er verheißen und zum Heiland gesandt war, an ihm geärgert hat. Und obwohl sie seine herrlichen großen Wunderzeichen sahen, die er vor ihren Augen tat, haben sie sich dennoch dadurch nicht bewegen lassen, seiner Predigt zu glauben und ihn anzunehmen, wir haben ihn gekreuzigt und ermordet. Darum sollst du sagen: nun lieber Herr Christus ist dir solches widerfahren, dass du mit so gewaltigen Wunderwerken gekommen bist, so will ich wohl schweigen klagen, wenn ich um des Evangeliums willen auch verachtet, verlacht und verfolgt werde.

So haben wir in dem heutigen Evangelium zwei sehr gute hohe Lehren. Zum ersten, dass Christus ein König der Gnade und alles Trostes ist, der den Armen betrübten Gewissen durch sein Evangelium freundlich zusprechen und sie gegen die Sünde trösten und ihnen das ewige Leben geben will. Denn obwohl das strenge weltliche Regiment auch Gottes Reich ist, so ist es doch nur sein Reich zur linken Hand, das aufhören soll. Dieses ewige Reich aber ist sein rechtes Reich, das zu uns durch das Wort kommt und darin wir uns ins Wort schließen sollen. Und wenn wir sterben sollen, sagen wir mit fester Zuversicht: Ich glaube an Jesus Christus, der mich aus dem Tode erretten kann und will, der macht die Blinden sehend, die Aussätzigen rein, die Toten lebendig. Darauf tröste ich mich und bin selig.  ---Zum anderen, dass wir, obwohl alle Welt sich an Christus und seinem Evangelium stößt, ärgert und fällt, uns an solchem Ärgernis und Fallen nicht kehren sollen. Sondern wir nehmen diesen König ohne Ärgernis an, halten an seinem Wort fest und werden durch ihn selig, wie er sagt: „selig ist, der nicht Ärgernis nimmt an mir“.

Das verleihe uns unser lieber Herr Jesus Christus, Amen.
.